Bei dem Innenausbau unseres Bien-Zenker Fertighauses erfolgt das Spachteln von Decken und Wänden in den Qualitätsstufen Q1-Q4 in Eigenleistung, wobei Q3 und Q4 sowie das Streichen der Maler übernommen hat.

Nach der Hausübergabe empfahl uns unser Bauleiter mit diesen Arbeiten noch eine Woche zu warten. Dadurch, dass der Estrich erst wenige Tage vorher kam, war die Luftfeuchtigkeit noch etwas zu hoch um anzufangen.

Welche Vorbereitung muss man vor dem Spachteln erledigen?
Was versteht man eigentlich unter den Qualitätsstufen?

Vorbereitung
Bevor es richtig losgeht

Leider kann man nicht einfach so mit dem Spachteln loslegen. Es sind schon einige Vorarbeiten zu erledigen, die auch etwas Zeit in Anspruch nehmen.

Ich zähle mal auf, was wir so alles gemacht haben:

Fugen kontrollieren

Zuerst haben wir geschaut, ob alle Fugen zum Verspachteln bereit sind. Gerade die Querfugen sollten schon alle ordentlich angefast sein (ca. 45°). Generell sollen die Fugen einen sauberen und ordentlichen Zustand aufweisen.

Bei ganz wenigen Fugen hatte der Stelltrupp Spachtelmasse „reingekloppt“ (keine Ahnung warum). Da uns die Verarbeitung überhaupt nicht gefallen hat, haben wir diese Masse mit Hammer und Meisel aufwendig rausgeholt.

Gipskartonplatten auf Zustand überprüfen

Die Platten haben teilweise ein paar Macken. Lose Stellen findet man meistens am Rand und die haben wir mit dem Cuttermesser abgeschnitten.

Bei wenigen ist der Übergang leider nicht sehr gerade, weil eine Platte weiter absteht. Entweder schleift man es ab oder man gleicht es mit Spachtelmasse aus.

Funktionslose Tackernadeln entfernen und Befestigungsmittel kontrollieren

Zum Glück versenkt der Roboter im Werk die Tackernadeln sehr gut in den Wänden. Es gibt aber auch ein paar Blindgänger, die vom Trupp zum testen des Tackers in die Wand gehauen wurden. Diese konnte man auch ganz gut rausziehen ansonsten schlägt man sie einfach mit dem Hammer tiefer rein.

Bei den Schrauben schaut man nur, ob sie ordentlich reingedreht wurden und zieht sie ggf. nach.

Steckdosen und Schalter abschrauben

Beim Streichen müsste man sie eh abkleben, also kann man sie auch gleich abschrauben.

Fenster abkleben

Auch wenn man die Spachtelmasse einfach von den Fensterrahmen entfernen kann, haben wir diese grob abgeklebt.

Randdämmstreifen kürzen

Die wohl lästigste Arbeit…

Der Randdämmstreifen befindet sich zwischen Estrich und Wand und muss gekürzt werden. Hier dienten noch so viele Tackernadeln als Befestigungsmittel, die wir alle rausgezogen haben. Hinter dem Streifen lagen auch einige „Estrich-Krümmel“ und diese galt es zu aufzufegen/-saugen.

Trennstreifen bündig abschneiden

Im OG gab es noch eine Besonderheit. Zwischen Wand und Decke befindet sich ein Trennstreifen, der die Bauteile voneinander trennt. Da sich die Bauteile immer noch „bewegen“, kann eine Rissbildung dadurch verhindert werden.

Diesen Streifen muss man auf jeden Fall bündig abschneiden, weil die Spachtelmasse darauf gar nicht haftet.

Trennstreifen und Mini-Lücke

ABER

Zuerst den Abstand zwischen Trennstreifen und Gipskartonplatte plan eben verspachteln. Nach der Austrocknung der Spachtelmasse kann man dann den Streifen abschneiden.

Gewebefugenband und Kantenschutz verteilen

Fast geschafft! Jetzt müssen wir „nur noch“ bei jeder Längsfuge (Decke und Wände) das Fugenband anbringen sowie das großflächige Gewebeband zuschneiden und befestigen. Ansonsten kann man auch schon den Kurt für die Innenkanten abmessen und auf die entsprechende Länge bringen.

Rolle für Rolle das Fugenband verteilen.
Entweder befestigt man das Gewebeband vorab mit Tackernadeln oder man bettet es "schwimmend" ein.

Jetzt kann es endlich mit dem Spachteln losgehen. Im vorherigen Beitrag haben wir euch das Material und Werkzeug vorgestellt, welches wir verwendet haben. 😉

Ein paar Tipps zum Spachteln

Knauf Fugen-Deckstreifen Kurt

Wir haben tatsächlich vorher alle Innenkanten gemessen um abzuschätzen wie viele Rollen wir vom Kurt brauchen werden.

Dieser Kantenschutz lässt sich super verarbeiten.

Jetzt bettet man ihn ein. Dazu verteilt man die Spachtelmasse auf beiden Seiten der Ecke, nicht zu wenig und nicht zu viel.
Danach legt man den Kurt in das Spachtelbett und drückt ihn schon mal leicht mit den Fingern an. Mit Hilfe einer Innenkelle geht es anschließend kinderleicht in einem Rutsch und ohne Dellen richtig an die Wand. Überschüssige Spachtelmasse drückt man damit heraus.
Zum Schluss verteilt man noch Spachtelmasse auf der Oberseite und zieht sie ordentlich ab. Nach der Trocknung erreicht man mit einem weiteren Spachtelgang die Qualitätsstufe Q2.

Einfach machen

Das war’s auch schon mit den Tipps. 😀

Wenn man wirklich als absoluter Anfänger spachteln will (so wie die Bauherrin), helfen auch sehr gut einige YouTube Videos. Alles andere kommt erst in der Praxis. 🙂

Die Qualitätsstufen Q1-Q4
Definition sowie Anwendungsbereich

Kommen wir zu den unterschiedlichen Qualitätsstufen und für welche Anforderungen diese geeignet sind.

Wir haben uns direkt für Q4 entschieden, da wir dadurch das beste Ergebnis erzielen wollten. Außerdem wollten wir kein Malervlies tapezieren.

Qualitätsstufe 1 – Q1

Grundverspachtelung für Flächen ohne optische Anforderungen

Die Stoßfugen werden gefüllt. Dabei kann man auch schon ggf. Bewehrungsstreifen einarbeiten. Ebenso überzieht man die sichtbaren Teile der Befestigungsmittel wie z.B. Schrauben oder Tackernadeln.

Die Oberfläche erfüllt die Anforderungen für:

  • Bekleidung sowie Beläge aus Fliesen und Platten

Anmerkung/Tipp
Wir haben zuerst die Querfugen (Decken und Wände) einmal gespachtelt, da sie sehr stark saugen. Erst beim zweiten Mal haben wir das Glasfaser-Fugenband eingebettet.

Qualitätsstufe 2 – Q2

Grundverspachtelung für Flächen ohne optische Anforderungen

Zunächst muss die Grundverspachtelung nach Q1 erfüllt sein. Anschließend folgt die Nachspachtelung bis zum Erreichen eines stufenlosen Übergangs zur Plattenoberfläche.

Die Oberfläche erfüllt die Anforderungen für:

  • Mittel und grob strukturierte Wandbekleidungen, z.B. Raufasertapeten
  • Matte und füllende Anstriche sowie Beschichtungen, z.B. Dispersionsanstriche
  • Oberputze mit Körnung > 1 mm
Schleifen

Gerade nach Q2 sollte man erst mal alles ordentlich schleifen.

Hier sieht man einen unserer Maler nach Q3 mit einer Schleifgiraffe. Mit dem Licht am Schleifkopf sieht man jede Unebenheit.

Qualitätsstufe 3 – Q3

Sonderverspachtelung für Flächen, an die erhöhte Anforderungen gestellt sind

Vorraussetzung ist die Standardverspachtelung nach Q2. Danach spachtelt man die Fugen breit aus und zieht die restliche Kartonoberfläche zum Porenverschluss mit Spachtelmaterial scharf ab. Abzeichnungen im Streiflicht sind nicht auszuschließen.

Die Oberfläche erfüllt die Anforderungen für:

  • Fein strukturierte Wandbekleidungen
  • Matte nichtstrukturierende Anstriche sowie Beschichtungen
  • Oberputze mit Körnung < 1 mm

Qualitätsstufe 4 – Q4

Vollflächige Sonderverspachtelung für Flächen mit höchster Anforderungen

Nach der Standardverspachtelung nach Q2 sowie dem breitem Ausspachteln der Fugen folgt das vollflächige Überziehen und Glätten der gesamten Oberfläche. Bis zu 3 mm kann man dabei das geeignete Finish-Material auftragen. Abzeichnungen im Streiflicht können bis auf ein Minimum reduziert werden und man erhält ein optimales Ergebnis.

Die Oberfläche erfüllt die Anforderungen für:

  • Glatte oder strukturierte Wandbekleidungen mit Glanz, z.B. Metall- oder Vinyltapeten
  • Lasuren oder Anstriche sowie Beschichtungen bis zu mittlerem Glanz
  • Stuccolustro oder andere hochwertige Glätttechniken

Benennung der Quelle

https://www.rigips.de/loesungen-inspiration/anwendungs-loesungen/oberflaechenqualitaet

Dort findet ihr noch weitere Informationen sowie zwei Downloads, die das Thema Spachteln ausführlich erklären.

Ein paar Impressionen

Heute hat unser Maler alle Arbeiten abgeschlossen und alles erstrahlt in weiß. Meine Augen müssen sich erst mal daran gewöhnen. 😀

Hier seht ihr als Beispiel die Küche wie sie sich über die Wochen verändert hat.

Farbe

Wir haben uns entschieden, dass alle Wände erst mal weiß bleiben. Highlights letzten wir lieber mit großen Bildern. Mit unserem Lichtkonzept lassen sich außerdem verschiedene Stimmungen mit Farben erzeugen.

Ein paar Worte zum Schluss

Viele scheuen sich davor gewisse Arbeiten in Eigenleistung zu übernehmen. Da wir mit einigen Firmen während unseres Bauprojektes nicht zufrieden waren, waren wir sehr froh als wir endlich das Haus für uns hatten.
Eigentlich wollten wir die kompletten Spachtel- und Malerarbeiten selbst machen. Wir sind allerdings auf einige Probleme gestoßen, die uns sehr viel Zeit gekostet haben. Die zuerst falsche Wahl des Kantenschutzes hat uns teilweise in den Wahnsinn getrieben.

Im Nachhinein hätte man alles noch viel koordinierter angehen können. Hätten wir z.B. nicht doch Urlaub nehmen sollen anstatt immer nur am Wochenende zu arbeiten?
Gerade als purer Anfänger braucht man sowieso noch mehr Zeit. Ich habe nämlich in unserem Haus zum ersten Mal einen Spachtel in der Hand gehalten. Aber zum Glück hat man nach ein paar Fugen den Dreh schnell raus.

Am Anfang hatten wir sogar an ein paar Tagen spontan Hilfe von der Familie, aber die meisten Wochenenden waren wir alleine. Irgendwann zerrte es schon arg an unseren Nerven.
Schließlich war es wohl Schicksal als wir einen Fliesenleger aus dem Ort zum Vorgespräch da hatten, dessen Kumpel ein Malerbetrieb hat. Anfragen kostet ja nichts und so luden wir ihn ebenfalls ein.

Jetzt sind doch wieder Mehrkosten auf uns zugekommen, aber wir sind froh, dass wir das Angebot angenommen haben. Ansonsten wären wir noch ewig mit dem Spachteln beschäftigt gewesen und wir hätten es auch niemals so gut hinbekommen. Wir wissen es auf jeden Fall zu schätzen was die Profis geleistet haben.

Die vielen Wochenenden haben uns einiges gelehrt und wir sind trotzdem stolz auf unsere Leistung. Q2 schafft man auf jeden Fall und damit lässt sich schon gut Geld sparen.

Traut euch!